Die Katastrophenmeldungen in den Medien nehmen kein Ende.
Ob es nun Biden oder Trump wird – hat sich zum Glück geklärt!
COVID- 19, CORONA und nun auch noch Vogelgrippe!
In der letzten Woche habe ich wieder sehr gebangt, ob und wie Angebote weiterlaufen können und dürfen – Coaching in der Häuslichkeit konnte in jedem Fall noch stattfinden. Und so hatte ich einen Termin bei Frau M..
Die Dame, die ihren Ehemann mit FTD-Diagnose (Frontotemporale Demenz) schon viele Jahre begleitet, empfing mich an der Tür schon mit den Worten: „Kommen Sie gerne rein, wenn Ihnen mein Chaos nicht zu viel ist. Ich komme einfach nicht mehr gegen an!“
Als wir saßen, druckste sie ein wenig rum und sagte:
„Ich mag es im Anbetracht der derzeitigen Situation kaum sagen, aber was mich richtig schafft, das sind die ganz alltäglichen Situationen mit meinem Mann. Jeden Morgen im Bad könnte ich ausflippen, wenn er den Mund nicht öffnet zum Zähneputzen.“
Wer kennt das nicht? Es sind die Kleinigkeiten, die sich im Alltag aufsummieren, die uns aus der Haut fahren lassen.
Ich persönlich kenne auch das Gefühl, dass ich eigentlich nicht „jammern“ darf, da es mir im Vergleich zu anderen doch wirklich sehr gut geht. Und doch nützt mir diese Erkenntnis in der konkreten Situation oft nur sehr wenig. Denn da werde ich dann überschwemmt von all den Gefühlen und bin nicht mehr in der Lage, mich zu regulieren. Ich bin dann ungehalten, kurz angebunden, unfreundlich mit Anderen und vor allem auch mit mir selbst.
Das berichtete nun auch die Dame im Coaching: „Dann bin ich wütend, schleudere die Zahnbürste in das Waschbecken und manchmal schimpfe ich mit meinem Mann, dass er seinen Kram allein machen kann. Ich schäme mich dann. Ich weiß ja, dass er krank ist, aber ich kann irgendwie auch nicht anders.“
In meinen Coachings arbeite ich mit vielen unterschiedlichen Methoden. Ich habe die Dame gefragt, ob sie Lust hat auf ein Experiment und ihr von einer Coachingmethode berichtet, die ich in diesem Fall nutzen wollte, weil ich sie selbst immer wieder als besonders hilfreich empfinde.
Ich nutzte in diesem Fall „The Work“, eine Methode, die von Byron Katie entwickelt wurde.
„The Work“ ist ein meditativer Prozess. Wir finden gemeinsam heraus, welcher Gedanke in der Situation beim Zähneputzen so stressig ist. Ich stelle der Klientin vier Fragen (ggf. noch einige Unterfragen) und am Ende drehen wir den gefundenen Satz um und schauen, ob die Umkehrung genauso wahr oder wahrer sein könnte.
Ich füge dem Prozess nichts hinzu, sondern begleite die Klientin in dem Prozess, in welchem sie ihre ganz eigene Wahrheit findet.
Zunächst wollten wir den Gedanken finden, der den Stress verursacht. Dafür stellte ich die Frage: „Was ist Ihre Befürchtung? Was könnte schlimmes passieren, wenn ihr Mann nicht die Zähne putzt?“
An dieser Stelle ist unser rationaler Verstand ganz aktiv.
Wir alle haben gelernt, wie wichtig Zähneputzen ist!
Wenn Herr M. seine Zähne nicht regelmäßig gründlich putzt oder, aufgrund der Krankheit, von seiner Ehefrau putzen lässt, dann entzünden sie sich, dann fallen sie aus, dann muss er wohlmöglich irgendwann operiert werden, dann kann er irgendwann vielleicht nur noch püriertes Essen zu sich nehmen…
Wenn das alles passieren würde, was würde das bedeuten?
„Na ja, dann habe ich mich nicht genug gekümmert. Ich bin ja schließlich verantwortlich für sein Wohlergehen.“
Und da hatten wir den stressigen Satz schon gefunden: „Ich bin verantwortlich für sein Wohlergehen!“
Ich bat Frau M. sich die Situation morgens im Badezimmer ganz genau vorzustellen. Ihr Mann steht am Waschbecken. Sie steht neben ihm, die Zahnbürste in der Hand.
Und ich stellte ihr die erste Frage der Work:
„In Ihrer Situation morgens am Waschbecken beim Zähneputzen: Ihr Mann macht den Mund nicht auf und Sie denken, ich bin verantwortlich für sein Wohlergehen! – Ist das wahr?“
„Ja, natürlich ist das wahr!“
Die zweite Frage lautet: „Können Sie mit absoluter Sicherheit wissen, dass das wahr ist?“
Ein Moment Stille, dann ein zaghaftes Kopfschütteln, „Nein, ganz sicher weiß ich das nicht.“
Dann kommt die dritte Frage: „In der Situation morgens am Waschbecken, wie reagieren sie, was passiert, wenn Sie den Gedanken glauben: „Ich bin verantwortlich für sein Wohlergehen?“
„Dann presse ich den Kiefer aufeinander. Ich werde wütend. Ich kann kaum atmen. Ich weiß mir nicht zu helfen. Ich bin wie ein zorniges Kind. Möchte am liebsten mit dem Fuß aufstampfen…“ Es sprudelt nur so aus Frau M. heraus.
Nachdem wir den Bildern und alle den Empfindungen ein wenig Raum gegeben haben, frage ich, ob der Gedanke „Ich bin verantwortlich für sein Wohlergehen“ Stress oder Frieden in das Leben des Ehepaares bringt. „Ganz eindeutig Stress!“, ist die entschiedene Antwort.
„Können Sie einen guten Grund sehen, den Gedanken loszulassen?“
Nach einem „Ja!“ stelle ich die nächste Frage:
„Die Situation ist genauso, wie Sie sie geschildert haben, alles bleibt gleich in der Situation dort im Badezimmer am Waschbecken, aber aus irgendeinem Grund können Sie den Gedanken nicht denken. Wer wären Sie ohne den Gedanken?“
Es herrscht ein Moment Stille, dann kommt ein tiefes Atemgeräusch. „Ohne den Gedanken könnte ich meinem Mann die Zahnbürste geben und sagen, mache es so gut, wie es heute eben geht und dann würde ich das Badezimmer verlassen und mich anziehen.“
Nachdem Frau M. die Situation noch ein wenig betrachtet hat und festgestellt hat, dass Sie sich dann viel souveräner und erwachsener fühlen würde, wenden wir uns der Umkehrung des Gedanken zu.
Aus dem Gedanken, „Ich bin verantwortlich für sein Wohlergehen!“ wird nun:
„Ich bin verantwortlich für mein Wohlergehen!“
Ich lasse Frau M. einen Moment Zeit zu spüren, was dieser Gedanke auslöst und frage sie, wie das auch wahr sein könnte.
„Ja,“ sagt sie, „natürlich – ich bin in erster Linie verantwortlich für MEIN Wohlergehen, ansonsten kann ich mich hier um gar nichts mehr kümmern und dann ist keinem geholfen. Und ja, wenn ich in der Situation erst einmal mich fertig mache, dann fällt der Stress von mir ab und ich kann sehen, dass wir die Situation ganz oft gut meistern. Irgendwie geht es ihm dann ja auch besser als wenn ich so ausflippe.“
Wir kommen zur nächsten Umkehrung:
„Ich bin nicht verantwortlich für sein Wohlergehen!“
Noch einmal ein tiefes Atemgeräusch. Im nächsten Moment setzt kurz der Verstand wieder ein und „ruft“ dazwischen – „Na ja, nicht verantwortlich kann man ja nun nicht sagen. Er ist ja nun einmal krank.“
Ich erinnere Frau M. daran, dass das ja auch nur ein Experiment ist und sie ihren Gedanken gleich wiederhaben kann, wenn sie möchte. Sie ist eingeladen, da mal hinzuschauen, ob in diesem Gedanken auch ein Funke Wahrheit stecken könnte.
Sie tauchte ein, schloss die Augen und sagte dann mit einem Zittern in der Stimme: „Oh – könnte ich meinen Mann in seinem früheren, gesunden Zustand fragen, was er dazu sagt, dann hätte er mir genau das gesagt:
Schatz, Du bist nicht verantwortlich für mein Wohlergehen. Du machst, was Du kannst und ich möchte nicht, dass Du für mich Deine Gesundheit opferst!“
Nachdem wir zum Abschluss kamen, meinte Frau M., dass ich voraussichtlich als kleine Stimme jetzt im Badezimmer immer dabei sein werde.
Ich muss ehrlich sagen, ich war tief bewegt von diesem Prozess und bin sehr gespannt, was Frau M. mir berichtet, wenn wir uns das nächste Mal sehen.
Ich selbst kann nur von meinen Erfahrungen mit diesem großartigen Coachinginstrument „The Work“ berichten.
Indem ich immer wieder meine Gedanken hinterfrage ist so viel passiert in meinem Leben. Dinge, die mich gestresst haben, lösen einfach nicht mehr den gleichen Stress aus. Und das macht die kleinen, alltäglichen Situationen soviel entspannter.
Wer mehr darüber erfahren möchte, findet viel dazu im Internet beispielweise auf der Seite des VTW (Verein für The Work unter https://www.vtw-the-work.org )
The Work kann gut als Selbsthilfeinstrument angewendet werden. Wer sich eine Begleitung wünscht, kann sich gerne an mich wenden!
Unter den derzeitigen Bedingungen biete ich auch gerne eine Onlinebegleitung an.
Ich unterstütze Sie gerne auf Ihrem Weg zu einem stressfreien Leben!
Liebe Silke, das hast du sehr gut beschrieben.Auch ich arbeite gerne mit The Work und geniesse besonders, dass ich keine Ratschläge geben muss, sondern die Person auf ihren eigenen Findungsweg schicken kann. Herzliche Grüße Antje
Liebe Antje, Danke für Dein Feedback! Ja, genau, die Menschen finden mit der Work die eigenen Antworten und sie bekommen nicht einen weiteren „Ratschlag von außen“, den sie nicht umsetzen können oder wollen.