Seit über 90 Tagen bin ich nüchtern.
Für viele sicher völlig normal, für mich tatsächlich etwas, auf das ich unfassbar stolz bin. Ostern ohne Eierlikör und das trotz Themomix.
Zwei Tage vor Silvester war Schluss – am 28.12. habe ich das letzte Mal Alkohol getrunken. Das war nach einer Geburtstagsfeier bei einer Freundin. Zum Geburtstag und zum Abschied gab es ein paar Gläser Sekt. Ohne zu merken, wie viel ich an dem Abend getrunken habe, da das Glas immer wieder voll war, lag ich mal wieder 3 Tage bis Silvester mit Schwindel und Migräne im Bett.
Da habe ich beschlossen: „Es ist Schluss! Und zwar nicht am 01. Januar als guter Vorsatz, sondern sofort!“
Nun ist also bereits Ostern!
Eierlikör habe ich übrigens schon als Kind mit Brause bekommen, hieß „Kikeriki“ und war als Kindergetränk in den Augen meiner Familie legitim…Alkohol gehörte immer bei allen Familienfeiern dazu.
Krass, wie die Alkoholsozialisation so läuft.
Als Konfirmandin als Aufnahmeritus in dem Kreis der „Erwachsenen“ habe ich den ersten offiziellen Alkoholexzess im Beisein der Eltern erlebt – mit Wodkabowle und Vanilleeis. Sogar unsere Katze war betrunken, nachdem sie das geschmolzene Eis beim Wiedereinräumen des Wohnzimmers auf dem Balkon weggeschleckt hatte. Alle fanden das lustig. Im Nachgang finde ich es bitter, wir haben die Katze vergiftet und noch drüber gelacht.
Einige Jahre später, so als ich 16 war, ging es auch in der Clique los: Trinkspiele mit Apfelkorn an einem Sonntagnachmittag mit Schnaps von der Tanke, Vorglühen vor dem Diskobesuch. Mit knapp 18 das erste Glas Rotwein, um besser schlafen zu können, von meiner Mutter, gut gemeint verabreicht bekommen, beim ersten Liebeskummer.
Alkohol gehörte wie selbstverständlich dazu.
Mein ganzes Erwachsenenleben lang. In den Schwangerschaften ausgesetzt und dann wieder getrunken. Mädelsabende, schönes Essen, Entspannung am Wochenende oder zum Feierabend – Alkohol gehörte wie selbstverständlich dazu. Es gab Zeiten, in denen habe ich zumindest das sogenannte „schädliche Trinken“ praktiziert.
Ich bin nie mit Filmriss abgestürzt, aber es gab die Zeiten, in denen ist ganz „kultiviert“ fast allabendlich ein Fläschchen Wein über den Tisch gegangen.
Ich habe mich manchmal gefragt, ob das „normal“ ist, dann mal gefastet, eine Zeit nicht getrunken und das Gewissen beruhigt. „Na ja, wenn das über Wochen geht, ohne Alkohol, dann bin ich keine Alkoholikerin.“ So waren meine Gedanken.
Während der depressiven Zeiten habe ich auch getrunken.
Mir hat nicht einmal jemand die Frage gestellt, ob ich trinke, wie viel ich trinke – obwohl das zur Anamnese bei Depression eigentlich dazu gehören sollte. Selbst in der psychosomatischen Reha habe ich getrunken. Nicht viel im herkömmlichen Sinne, aber abends beim Ausgehen, an den Wochenenden ein oder zwei Gläser Wein – natürlich ganz gepflegt…
Erst bei meiner Ausbildung zur Heilpraktikerin für Psychotherapie war das Thema „Alkoholabusus – schädlicher Gebrauch von Alkohol“ ein Thema.
Es hat mich erschrocken, denn ein paar der Fragen, die da gestellt wurden, z.B. „Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, weniger zu trinken und es dann doch nicht getan?“
Das heißt, erleben Sie einen Kontrollverlust? – konnte ich definitiv nicht leicht Herzens so beantworten, dass ich an das Thema für mich einen Haken machen konnte.
Bei meinen Vorträgen zum Thema Demenz erzähle ich zwar immer, „das Alkohol ein Zellgift ist und jeder Rausch Nervenzellen abtötet!
Und das der langanhaltende, chronische Konsum von Alkohol zu einer alkoholbedingten Demenz (Korsakow-Syndrom) führen kann“, aber irgendwie hatte das nie richtig was mit mir zu tun.
Wer mich kennt, der weiß: ich tue viel für meine Gesundheit:
ich nehme Nahrungsergänzungsmittel, ich achte auf meine Ernährung, trinke seit geraumer Zeit keinen Kaffee, versuche meinen Zuckerkonsum zu reduzieren…aber an den Alkohol bin ich nie so richtig ran gegangen.
Ich habe Alkohol auch nicht als (Mit-)auslöser für meine Depressionen verstanden.
Dann hörte ich lange den Podcast von Nathalie Stüben „Ohne Alkohol mit Nathalie“. Startseite – Ohne Alkohol mit Nathalie Stüben (oamn.jetzt). Es hat trotzdem noch eine ganz schön lange Zeit und einige Migräneattacken und Katertage gebraucht, bis ich beschlossen habe, dass ich das nicht mehr will.
Und nun: 94 Tage ohne Alkohol!
90 Tage – eine Zeit, in der sich meine Leber regenerieren konnte. Seit dem: keine Migräne, kein Schwindel. Insgesamt ist meine Stimmung einfach besser.
Zur Motivation für mich selbst hatte ich folgende Sätze geschrieben:
„Ich höre auf zu trinken, weil es sich schon lange nicht mehr richtig anfühlt und es immer wieder das ZUVIEL gibt und der Rest der Woche nicht gut läuft. Migräne und Müdigkeit ziehen sich durch meinen Alltag. An anderen Stellen gebe ich so viel Geld für meine Gesundheit aus und tue so viel dafür und am Ende torpediere ich meinen eigenen Erfolg und mein Wohlergehen!“
Übrigens: Müdigkeit ist der Schmerz der Leber!
Das wusste ich schon lange, habe ich aber auch nie wirklich kapiert oder sogar mit meinem Alkoholkonsum in Verbindung gebracht.
Nie wieder Alkohol? Keine Ahnung. Ich halte es mit „Nur heute!“ – mal sehen, was passiert…
Ich bin es zumindest leid, dass ich meinen Körper vergifte und mir ist meine Zeit inzwischen einfach zu schade.
Für den Moment fühlt es sich richtig an, es ist ein Stück Freiheit, Gesundheit und ich merke wie sich meine Psyche stabilisiert.
Wenn Du merkst, dass Dein Alkoholkonsum für Dich nicht mehr richtig, ist und Du Dir Unterstützung wünscht, dann melde Dich gerne bei mir oder besuche die Seite von Nathalie Stüben.
Wünsche Dir frohe Ostern!
Herzlichst
Silke Steinke