Ein Hoch auf die Verbundenheit
12.12. – vorgestern hatte ich Geburtstag.
Der Tag begann vertraut: mit einem Ständchen, Kerzenlicht und Luftballons, mit meinen Liebsten. Dann ging es nach Kiel – Frühstück mit meinen Eltern und meinem Mann. Vertraut und wunderschön.
Am Abend dann etwas ganz anderes. Eine kleine „Ladies only“-Runde. Ich hatte mir gewünscht, dass jede Frau etwas zum Buffet beiträgt, denn ich liebe es, wenn sich dort die unterschiedlichsten Köstlichkeiten sammeln und neue Inspirationen entstehen. Ich selbst hatte auch vorbereitet, geschnippelt, gerührt – und dann war es soweit.
Sie kamen: zwölf wunderbare Frauen, die sich untereinander kaum kannten und aus ganz unterschiedlichen Zusammenhängen meines Lebens stammen.
Und plötzlich war sie da: Lebendigkeit. Lachen. Gespräche, die sich nicht an der Oberfläche aufhielten. Ein Tisch, an dem Platz war.
Am nächsten Morgen saß ich mit einem Kaffee auf der Couch und habe Geschenke ausgepackt. Viele kleine Dinge, liebevoll ausgewählt. Schöne Tüten, handgeschriebene Karten, voller Wärme. Und während ich las, spürte ich Freude und tiefe Dankbarkeit.
Ich fühlte mich reich beschenkt – nicht nur durch Dinge, sondern durch unfassbar wertvolle Beziehungen.
Schon lange begleitet mich eine Sehnsucht nach einer tiefen, engen Mädchen- bzw. Frauenfreundschaft – etwas, das ich durch die vielen Umzüge meiner Kindheit oft vermisst habe. Frauen, die eng mit ihren Schwestern verbunden sind, habe ich immer ein wenig beneidet. Ebenso jene, die eine feste Frauenclique haben, die viel miteinander teilen und gemeinsam durch Höhen und Tiefen gehen.
Diese Sehnsucht höre ich übrigens auch immer wieder in Gesprächen mit Klientinnen. Oft ganz leise. Manchmal nur zwischen den Zeilen.
Zu meiner Feier habe ich eine sehr bunte Mischung an Frauen eingeladen: Frauen, mit denen mich viele Jahre verbinden – seit wir hier wohnen, aus der Krabbelgruppen-, Kindergarten- und Schulzeit meiner Kinder. Weggefährtinnen durch unterschiedliche Lebensphasen.
Gleichzeitig waren einige der längsten Freundschaften aus meiner eigenen Schulzeit nicht dabei. Auch meine Mutter fehlte. Viele hatten bereits andere Weihnachtsfeiern, Termine, Verpflichtungen.
Zwei meiner engsten, längsten Freundinnen konnten nicht kommen, weil das Leben ihnen gerade sehr viel abverlangt. Und auch das gehört zur Wahrheit von Freundschaft: Manchmal ist Nähe da, auch wenn man sich nicht sieht.
Und dann habe ich etwas getan, das sich für mich tatsächlich mutig angefühlt hat. Ich habe Frauen eingeladen, die ich vielleicht „nur“ von meinen Hunderunden kenne. Frauen, denen ich erst in diesem Jahr begegnet bin – unter anderem in Arbeitszusammenhängen.
Kurze Begegnungen am Wegesrand. Gespräche in ganz unterschiedlichen Rollen – vom Kolleginnensein bis zum zufälligen Innehalten.
Frauen, bei denen dieses zarte Gefühl da ist: Daraus könnte etwas Schönes wachsen.
All diese Frauen saßen an diesem Abend an einem Tisch. Viele kannten sich kaum oder gar nicht. Und doch entstand etwas sehr Lebendiges: reger Austausch, echtes Interesse, ein Miteinander ohne Konkurrenz.
Vielleicht nicht „die eine“ tiefe Freundschaft – aber viele Fäden, die sich an diesem Abend miteinander verwoben haben.
Ich glaube, ich wäre im Alltag gar nicht in der Lage, mehrere sehr intensive Freundschaften im klassischen Sinne zu pflegen. Und gleichzeitig wird mir immer klarer: Ich habe davon bereits ganz viel in meinem Leben. Ich nehme es nur nicht immer wahr.
Neulich habe ich auf Instagram einen Post gesehen von einer jungen Frau, die bedauerte, keine „Girlsgang“ zu haben. Und ich habe mich gefragt, welchen Einfluss Social Media auf unsere Wahrnehmung von Freundschaft hat. Diese Bilder, diese kurzen Ausschnitte – sie zeigen Nähe, Verbundenheit, gemeinsames Lachen. Aber sie zeigen nicht die Aushandlungen, die Enttäuschungen, den Unmut, wenn man sich nicht einig wird, wohin beispielsweise eine gemeinsame Reise gehen soll. Sie zeigen keine vollen Terminkalender, keine Erschöpfung, keine Phasen des Abstands.
Freundschaften wollen gepflegt werden. Und wenn ich auf den Alltag von uns allen schaue – auf Arbeit, Familie, Verpflichtungen, innere Prozesse –, dann denke ich: Das, was da ist, ist oft schon sehr viel.
Vielleicht braucht es weniger Vergleiche und mehr Innehalten.
Momente wie an diesem Morgen. Ein ruhiger Moment auf der Couch. Zeit, um wahrzunehmen, was da ist – und Dankbarkeit dafür zu spüren.
Vielleicht liegt genau hier noch eine leise Einladung verborgen: unsere romantisierten Bilder zu hinterfragen.
Mit einer Klientin ging es neulich um „die Weihnachtsstimmung“. Dieses Bild von Harmonie, Kerzenschein, inniger Familie. Und gleichzeitig die Realität: Einkaufslisten, volle Läden, Vorbereitung, Erschöpfung – bis man überhaupt dort ankommt, wo es dann vielleicht kurz still und warm wird.
Bei mir ist es ähnlich mit dem Bild von Freundschaft.
Diese Vorstellungen aus Romanen und Geschichten: Hanni und Nanni, Pippi und Annika – immer zusammen, immer loyal, immer Zeit füreinander.
Später dann Friends oder Melrose Place: Freundschaften als Lebensmittelpunkt, immer verfügbar, immer im gleichen Takt durchs Leben gehend. Bilder von Nähe, die mich und uns alle geprägt haben. Aber mal ehrlich – wer weiß, ob wir uns heute nicht unfassbar auf die Nerven gehen würden, würden wir so oft und so intensiv miteinander telefonieren wie mit 16.
Vielleicht sind es genau diese idealisierten Bilder, die uns manchmal das Gefühl geben, es fehle etwas.
Und vielleicht übersehen wir dabei, wie reich das ist, was längst da ist – in Momenten, Begegnungen, Netzwerken, die nicht laut, aber tragfähig sind.
Und so fühle ich mich heute reich beschenkt und möchte diesem Gefühl Raum geben. Es in mir anreichern, indem ich es hier festhalte – zum Nachlesen für Momente, in denen es sich vielleicht einmal einsam anfühlt.
In diesem Sinne: Hinterfrage deine idealisierten Vorstellungen. Und wenn du dir dabei Unterstützung wünschst, melde dich gerne bei mir. Ich bin gerne deine Wegbegleiterin.
Herzlichst Deine
Silke